Beim ersten Mal auf der Spielwarenmesse Nürnberg bestätigt sich der Eindruck, den ich von der Branche hatte: Die eingesessenen Fans und Sammler werden gut bedient. Die meisten Neuheiten sind auf die Hard-Core-Modellbahner zugeschnitten. Das ist 2019 nicht anders als in Vorjahren. Manchmal liegt auch auf dem Stand noch der Neuheitenkatalog 2018 und der von 2017 aus. (Ja, das habe ich wirklich so gesehen.)
Man kann seinen Bahnhof punktgenau mit LEDs beleuchten, man kann die Natur entlang der Strecke fauna- und fasergenau nachbilden mit der Hilfe von Spezialausstattern, die nur Bäume oder nur Kies und Aufstreumaterial anbieten. Meine Augen gingen über, so fein und echt wirkte das alles.
Märklin betreibt die Nachwuchsförderung am meisten
Aber wenn es um die Nachwuchsgewinnung geht, bleibt (gefühlt!) alles am Branchen-Primus Märklin hängen. Seit Jahren sinken die Suchanfragen nach dem Thema; Läden schließen; die Sammler werden älter.
Mit zwei Modellreihen erweitert Märklin, auch von Umsatzrückgängen gebeutelt (und selbst gemachten Turbulenzen), daher seit Jahren das Sortiment nach unten. Damit das Einstiegsalter ins Hobby Modelleisenbahn nicht bei 14 Jahren bleibt, was oftmals die empfohlene Altersangabe auf den Kartons und Tüten ist, gibt es zwei Reihen:
- Märklin my world
- Märklin Start up
Märklin my world konkurriert mit Playmobil und Duplo um die ganz kleinen Zug-Fans im Vorschulalter. Daher sind diese Modelle alles andere als detailliert, für den jahrzehntelang gedienten Modelleisenbahner ist das natürlich ein Graus.
Aber ich wette, man könnte im Dunkeln auf so ein Modell drauftreten, wie man das nach dem Zubettbringen im Kinderzimmer eben unfreiwillig macht, und das Modell würde das aushalten. Ein Crashtest-Video von so einem Modell würde ich gern sehen. Auf dem neu gestalteten Märklin-Stand ist die Ecke mit diesen Reihen komplett vom Rest des Standes abgetrennt, und man sieht hier auch spürbar weniger graue, weiße Haare und Kopfhaut.
In diesem Jahr wird die Reihe der Einsteigermodelle, die ich schon auf der IMA 2018 in Köln bewundert hat, deutlich erweitert.
Hier die Neuheiten:
- Bord-Restaurant für den ICE
- Schlafwagen im Nightline-Look
- Flughafengebäude mit Geräuschen
- Tunnel
- Startpackung Regionalzug
Aber auch die Altersklasse darüber vergisst das Göppinger Unternehmen nicht. Dort heißt das Produkt Start up – und kommt gleich mit der Nutzerbindung durch den Club. Das ist das junge Gegenstück zum hauseigenen Märklin Insider-Club für die Erwachsenen, nur eben kostenlos. So wie das Lego seit Jahren auch macht.
Lego ist an vielen Stellen Inspiration, und bei einem Modell würde man auch eine Schnittmenge mit Lego machen können. Lego-Steine passen auf den Güterwaggon hinauf.
Obwohl die Göppinger natürlich genauso wenig wie andere mit Kompatibilität zu Lego werben können, funktioniert es eben. Aus dem Güterwaggon kann dann das werden, was die kindliche Fantasie so hergibt.
Laserkanonen und Drachen aus der Ninjago-Welt werden zum Crossover-Erlebnis im Kinderzimmer.
Gerade der Feuerwehrzug könnte aus meiner Sicht ein Knaller im Weihnachtsgeschäft werden. Jungs lieben Züge und Jungs lieben Feuerwehr – auch wenn es ein solches Exemplar fast nie im echten Leben zu sehen gibt.
Was gab es von anderen Modelleisenbahn-Herstellern auf der Spielwarenmesse Nürnberg 2019?
Auch andere Anbieter haben inzwischen den Trend mit den Starterkits aufgenommen, ein paar plumpe Nachahmer-Produkte habe ich gesehen. Die meisten aber konzentrieren sich dabei auf das High-Tech-Modell. Offenbar richten sich diese Produkt-Offensiven eher an den erwachsenen Neueinsteiger ins Thema.
Die deutschen und deutschsprachigen Anbieter kenne ich ganz gut, daher habe ich mich über die Aussteller mit den für Anlagen hierzulande exotischen Zügen gefreut.
Kato ist ein Anbieter aus Japan, der eben auch ein Starter-Set Shinkansen im Angebot hat. Und der schnelle und pünktliche Zug ist in seiner Ausprägung ja bekannterweise vielgestaltiger als unser ICE, immer weiß, immer mit rotem Streifen. Daher fand ich auch Katos Hausmodelle, sehr schlicht, immer schaut die fernöstliche Sachlichkeit durch, sehr überzeugend.
Auch weiß ich jetzt, woher ich einen Thalys bekomme, der in Westdeutschland viel bekannter ist als der TGV, der sich etwa im Märklin-Programm findet.
Oder die Lasercut-Modelle von Unique, die ich noch nie mit eigenen Augen gesehen hatte, haben mir sehr gut gefallen.
So ist die vollkommen eingehauste Treppe, die man an windgeplagten Bahnhöfen oftmals findet, ein Hingucker. Oder die Container, die deutlich echter ausschauen als viel, was man von den Modelleisenbahn-Herstellern kennt.
Ein besonders schönes Serienexemplar sind für mich die Sahimms-Anhänger, die ich auf dem Märklin-Stand gesehen habe und fotografieren durfte.
Um den Bogen zu schließen, möchte ich noch von dem Naturausstatter Woodland Scenics erzählen. Auf der Anlage in Innsbruck, die ich vor kurzem hier vorgestellt habe, wird gerade ein Weinberg neu gestaltet. Und auch hier ist Styropor die Unterlage, aber was die Modelleisenbahnbauer da gezaubert haben, mit den richtigen Materialien und dem richtigen künstlerischen und handwerklichen Anspruch, war außerordentlich schön. Hier ein Eindruck davon:
Diesen Anbieter habe ich tief im Hinterkopf abgespeichert, wenn wir auch wirklich mit dem Bau der eigenen Anlage anfangen sollte. Ich habe allerdings jetzt schon Angst vor den ganzen Bröseln und Krümeln zwischen den Fingern und unter den Fingernägeln.
Spielwarenmesse Nürnberg: mein persönliches Highlight
Das schönste Modell, was mir von der Spielwarenmesse Nürnberg in Erinnerung geblieben ist, ist das des Nightjets von LS Models. Und den gibt es gleich in zwei Größen. Lustigerweise steht mein ältester Sohn auf H0 und der zweitälteste auf N. Wenn man auf der Messe etwas kaufen könnte (keine Angst, kann man nicht, und niemand hat mir auch nur etwas Anderes als einen Katalog angeboten), dann wäre der ins Gepäck gewandert. Bisschen sperrig im ICE, aber was macht man nicht für seine Kinder. Auf alle Fälle habe ich ganz viel Papier mit dabei. Denn nur wer schreibt Papier abstaubt, der bleibt.
Spielwarenmesse Nürnberg
Die Messe ist eine reine Fachmesse, die sich an den Fachhandel wendet. Deswegen findet sie Anfang des Jahres statt, sodass Zeit fürs Jahresgeschäft und das immens wichtige Weihnachtsgeschäft bleibt. Ich habe sie als Journalist besucht, das ist auch möglich.
Was kostet der Eintritt?
Die Tageskarte kostet 30 Euro, die Dauerkarte 55 Euro.
Die Messe findet immer Ende Januar/Anfang Februar statt. 2019 lautete der genaue Termin: 30.1.-3.2.2019
Nürnberg hat eine lange Geschichte in der Spielzeugherstellung. In Deutschland ist es auch ganz üblich, dass eher Nebenzentren Zentren des Handels werden. So hat Berlin bis auf die Grüne Woche, die IFA und die Tourismusmesse nicht die größten Messen des Landes, sondern diese finden sich mit der Hannover Messe in Hannover und mit IAA und Buchmesse in Frankfurt.