Letztes Mal habe ich gejammert. Da habe ich gesagt, die Halle 7A, wo sich die meisten Modelleisenbahner und Modellautobauer tummeln bei der Spielwarenmesse Nürnberg 2020, sei ein Dorado für Experten. (Und eine Wüste für Anfänger.) Das stimmt in weiten Teilen immer noch, aber ich habe Innovationen für angehende Modellbahner gesehen, die mich freudig stimmten.
So wie das Easy Track System von Faller, das alles enthält, was Anfänger brauchen, um mit ihrer Anlage ein bisschen mehr machen zu können als ihre Züge in Geschwindigkeit 1 bis 4 vorwärts und rückwärts durch das Starterpack-Oval sausen zu lassen. Es ist ein Bausystem für den Unterbau von einfachen Modelleisenbahnstrecken, das alles enthält, was man für den Bau der Strecke braucht, also Fläche zum Auflegen der Gleise sowie Module, um diese auch ansteigen und sinken zu lassen, damit sich Züge kreuzen können – außer des Tracks, also der Gleise. Der Name ist also vielleicht noch nicht ganz ideal gewählt.
Versteht mich nicht falsch, das Im-Kreis-Fahren macht auch Spaß, aber vielleicht nur an drei regnerischen Nachmittagen im Jahr. Die eigene Anlage zu bauen und schnell Fortschritte zu sehen, das ist der Job, für den Faller vom H0-Fan angeheuert werden möchte. Der macht jahrelang Freude, er ist der Kern des Hobbys aus meiner Sicht.
Dabei setzt der Hersteller aus dem Schwarzwald, der ja schon mit der Erfindung des Car Systems einmal Innovationsführer war, auf die Erweiterung des Marktes von unten. Das Produkt zielt nämlich ganz klar auf den Fan ab, der es nicht erwarten kann, eine vernünftige und vorzeigbare Anlage zu haben, der aber nicht gleich alles an Gelände selbst modellieren will oder kann.
Seltsamerweise kann ich das Produkt nicht im Onlinekatalog finden, auch in der Neuheitenliste findet es sich nicht, aber ich hätte es gern gleich mitgenommen. So kann man schnell eine Stufe übers Teppichbahning hinauskommen, und es lässt sich auch wieder schnell zusammenpacken.
Wo sich das Produkt befindet, auf der Matrix zwischen erfahrenen Modellbahnern und Leuten, die wenig Zeit haben, habe ich hier versucht zu visualisieren:
Sowohl mit der Software für die Konstruktion eigener, einfacher 3D-Modelle erweitert Faller den Markt nach unten, in Richtung weniger Zeitaufwand und weniger Fertigkeiten im Modellbau (#teamzweilinkehände).
Die Zughersteller liefern zwar Gleise und Starterpacks, in analog wie auch digital, aber das Problem der Landschaftsgestaltung überlassen sie den Zulieferern. Faller geht hier pfiffig in die Nische. Ich wünsche dem Produkt alles Gute! Mich würde als Produktmanager aber interessieren, wie das Unternehmen darauf gekommen ist. Selten habe ich ein Produkt aus der Miniaturwelt gesehen, das ein berechtigtes Interesse so schlau abdeckt. Das letzte, was mich so gefreut hat, bediente den absoluten Einsteigermarkt – Märklin MyWorld. Und tatsächlich zeigt das Easy Track System, das es mit steigenden Bedürfnissen an den Detaillierungsgrad mitwachsen kann. Faller hat zwei Mal das gleiche Track-Paket aufgebaut, einmal mit einer Basisausstattung, und einmal mit Kunstharz-See und viel Liebe zum Detail.
Wenn mir jemand von Faller ein bisschen mehr über die Entstehung dieser Produkte erzählen möchte: Mein Postfach steht offen. hi@modelleisenbahn.rocks. Vielleicht bin ich ja auch völlig auf dem Holzweg, was die Strategie angeht.
Kleine Anmerkung in Sachen Vermutungswissenschaft
Faller war schon im letzten Jahr einer meiner Lieblingsstände im Modellbahnzirkus, etwa mit der Turnhalle und dem Kletterfelsen, die ich beide dann auf der Intermodellbau und bei den Märklin-Tagen in Göppingen wieder gesehen habe. Die Dioramen und Anlagen sind mit einer großen Liebe zum Detail gestaltet, wie sie von Profis natürlich auch erwartet werden darf.
Womit wir bei Roco wären. Letztes Jahr hatten sie ein zweiseitiges Modell in H0 vom Altmühltal dabei, was auch in Modellbau-Magazinen im Detail vorgestellt wurde. Ich habe es mehr als einmal fotografiert und es gehört für mich zum Besten, was ich je an befahrenem Diorama gesehen habe.
Dieses Jahr war ein weiteres, noch berühmteres Flusstal dran – das Rheintal. Roco hat seinen Firmensitz ja in Österreich, in der Nähe von Salzburg, aber es sind sehr deutsche Themen, mit denen der nach eigenen Angaben zweitgrößte Modelleisenbahn-Hersteller in Deutschland punktet (hinter Märklin).
Der Märklin-Stand war wieder mal eine visuelle Enttäuschung – ganz viele Arbeitsplätze für die Arbeit mit dem Handel. Vitrinen rings herum. Aber Schauflächen hat der Stand wenige, eine für die Gartenbahn von LGB, und eine mit verspiegelten Modellstellplätzen für die Neuheiten des Jahres. Jim Knopf hat diesmal keine Rolle gespielt. Der visuell ansprechendste Teil des Standes ist das Segment für Märklin MyWorld und StartUp. Bunt, bunt, bunt – und beinahe nicht kaputt zu kriegen.
Ich hoffe, dass Märklin diese Chance, der Branche auch visuell voranzugehen, in seinem Museum (Märklineum), das Ende Juni 2020 eröffnet werden soll, nicht so ungenutzt lassen wird. Die Göppinger besitzen ja eine Anlage für Messestände, auf der Spielwarenmesse ist die aber nicht zu sehen – in Dortmund auf der Intermodellbau war etwa das Stammwerk Göppingen auf leicht erhabener Stelle auf der Anlage durchaus Teil des Standes.
Wirklich ins Schwärmen gekommen bin ich dieses Jahr auf den kleineren Ständen nicht so sehr, zu wenige Innovationen habe ich gesehen. Natürlich macht Joswood nach wie vor herausragende Lasercut-Modellbausätze, aber man merkt, dass das kleine Team jedes Jahr eben nur wenig neu machen kann. Das Gleiche gilt für Auhagen, die einem sehr ähnlichen Stil anhängen, diesen aber aufgrund ihrer Herkunft oft mit Modellen aus der DDR gestalten – das kennen sie eben selbst am besten. Oder auch die Ausstattungsweltmeister am Lenz-Stand (stimmt das, Leser? Nicht mehr ganz sicher), mit ihrem Diorama mit dem Elefanten. Das habe ich jetzt auch wieder gesehen. Kleine Highlights setzten Busch und Rietze. Rietze hat einfach ein tolles Programm, wenn man städtische Szenen mit Dienstfahrzeugen, Bussen und Straßenbahnen bauen will.
Busch hat jetzt auch Mini-Dioramen wie diese Tischtennisplatte im Beton-Look für sich entdeckt. Diese Mini-Dioramen aus dem zum Basteln angrenzenden Bereich des Modellbaus sind auch ein Trendthema, finde ich. Hier bietet Noch neue Sets, die etwa in einen Blumentopf oder eine Plastikkugel passen – für das kleine Projekt zwischendurch.
Sobald ich die Produkte von Faller in der freien Wildbahn entdecke oder im Netz, was ja aufs Gleiche herauskommt, reiche ich Links und Informationen nach.